Kurz und bündig: Die Einführung in die SD-Preisfindung.

„Nein, lass bloß die Finger davon … “, das waren die ersten Worte, die ich zum Thema Preisfindung in SD-Modul von einem Kollegen gehört hatte.

Damals war ich direkt nach dem Studium in meinem ersten SAP-Projekt und arbeitete in Bereich Disposition (Schnittstelle zwischen SD und MM). Nach einigen Wochen, in denen ich im Projekt war, verließ ein Kollege das Team, der sich intensiv mit dem Thema Preisfindung auseinandergesetzt hatte. Natürlich hatte ich in seinen Aufgabenbereich stückweise reingeschnuppert und gemerkt, dass die Preisfindung recht komplex war. Ich bemerkte aber auch, dass sie ein sehr wichtiger und interessanter Bereich war. So spielte ich mit dem Gedanken, mich bei dem Projektleiter zu melden und ihm vorzuschlagen, dass ich den Bereich übernehmen könnte. Doch ich hörte auf den Rat des Kollegen und tat es nicht. Rückblickend war es die richtige Entscheidung; heute würde ich keinem Greenhorn, der erst vor ein paar Wochen seinen Abschluss gemacht hat, die Preisfindung überlassen.

Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema. Die Preisfindung ist von SAP im SD-Modul im Bereich Grundfunktionen angeordnet. Um hier auch nochmals die Wichtigkeit der Preisfindung zu betonen, hat SAP wohl die Preisfindung an erster Stelle im Customizingpfad Grundfunktionen angeordnet. Die Preisfindung erfüllt innerhalb des SD-Auftrags die „banale“ Aufgabe einen Preis für den Auftrag zu ermittelt – den Auftragswert. Das folgende kleine Szenario soll den Prozess kurz darstellen:

„Ring, Ring … Das Telefon klingelt bei der Auftragsannahme des Büromaterialgroßhandel Stiegmüller. Fr. Meier geht ran. Am anderen Ende meldet sich Hr. Hofbauer vom Zentraleinkauf einer großen Anwaltskanzlei und bestellt 2 Paletten Druckerpapier. Fr. Steigmüller startete mit der Auftragserfassung (VA01) und gibt die Auftragsart TA (Terminauftrag) ein. Im Übersichtsbild der Auftragserfassung gibt sie noch folgende Daten ein: Kunde (Auftraggeber), Material (Druckerpapier), Anzahl (2 Paletten) und den Wunschliefertermin des Kunden. Und prompt erscheint im oberen, mittleren Bereich des Bildschirms im Feld Nettowert der Betrag 364,50 EUR.“

Die Berechnung des Preises scheint aus der Sicht eines Laien nicht wirklich spektakulär. Man könnte behaupten: Ist doch klar 2 Paletten Druckerpapier, also muss eine Palette Druckerpapier genau 182,25 EUR kosten, was zum Material hinterlegt sein muss. Doch leider funktioniert die Preisfindung nicht so simpel.

Doch bevor ich die Preisfindung vorstelle, muss ich einen kleinen Exkurs in die Organisationsstrukturen des SD-Moduls machen, weil die für die Preisfindung essentiell sind: Die wichtigsten Organisationseinheiten im SD-Modul sind die Verkaufsorganisation, der Vertriebsweg und die Sparte.

sd_org1

# Die Verkaufsorganisation steht für eine verkaufende Einheit im rechtlichen Sinne und ist unteranderen dem Kunden gegenüber für die Produkthaftung verantwortlich (Quelle SAP SE). Beispielsweise können Verkaufsorganisation geographisch (Nord / Süd) gegliedert sein.

# Der Vertriebsweg definiert einfach gesprochen den Vertriebskanal: Einzelhandel, Großhandel, Versandhandel, usw.

# Die Sparte kann einzelne Produktgruppen, wie bespielweise Sportartikel, Pflegeprodukte, usw., definieren.

Das entscheidende an den Organisationseinheiten im SD-Modul ist:

# dass Objekte wie Material, Kunde oder Auftragsart diesen Org-Einheiten zu geordnet sein müssen

# und dass nur Objekte zusammen verwendet werden dürfen, die auch den gleichen Org-Einheiten zugeordnet sind, d.h. ein Kunde kann nur ein Material erwerben, das in der gleichen Vertriebslinie (entspricht der Kombination aus Verkaufsorganisation-Vertriebsweg) wie der Kunde angelegt ist.

 

OK, klingt etwas verwirrend aber hier ein Beispiel:

# Du hast eine einfache Organisationstruktur im SD definiert: Verkaufsorganisation 0001 – Nord, Vertriebsweg 01 – Einzelhandel und Sparte 01 – Sportartikel (Übrigens: SAP nennt die Kombination aus Verkaufsorg-Vertriebsweg-Sparte einen Vertriebsbereich)

# Nun hast Du den die Verkaufsart TA nur diesem Vertriebsbereich zugeordnet, aber den Kunden Fa. Rüdiger diesem Vertriebsbereich nicht zugeordnet. In diesem Fall kannst Du keinen TA-Auftrag für die Fa. Rüdiger anlegen.

# Wenn der Kunde auch diesem Vertriebsbereich zugeordnet wäre aber das Material Druckerpapier nicht, dann könntest Du für den Kunden F. Rüdiger die Auftragsart TA nutzen, aber es wäre nicht zugelassen, der Fa. Rüdiger mit der Auftragsart TA Druckerpapier zu verkaufen.

 

Kurz zusammengefasst gilt:

# Im SD-Modul kann man nur Objekte zusammen verwenden, die in den gleichen Org.-Einheiten angelegt sind.

Doch nun wieder zurück zur Preisfindung im SD-Modul. Im folgende habe ich den Ablauf der Preisfindung im SD-Modul skizziert – bitte nicht erschrecken, ich werde weiter unten das Schaubild im Detail beschreiben.

preisfindung

 

#1 Wie gehabt beginnt die Preisfindung mit der Anlage eines Kundenauftrags:

# Hier gibt Du zunächst eine Auftragsart ein

# gibst den Vertriebsbereich (VKOrg, VWeg, SP) vor

# und erfasst einen Kunden

#2 Basierend auf diesen 3 Informationen ermittelt das System genau ein Kalkulationsschema.

#3 Das Kalkulationsschema ist eine Liste mit Preiselementen, die zur Berechnung des Auftragspreises heran gezogen werden. Die Preiselemente können sein: Preis, Zuschläge, Abschläge und Weiteres. In der Praxis enthält ein Kalkulationsschema 10-50 Preiselemente. In der oberen Darstellung habe ich mich mit 3 begnügt. SAP nennt diese Preiselemente Konditionsarten.

#4 Alle Preiselemente (oder Konditionsarten) aus dem Kalkulationsschema werden durch das System im Detail untersucht, ob ein bestimmter „Preis“ gefunden werden kann. Ich habe hier Preis in Gänsefüßchen gestellt, weil im Kalkulationsschema natürlich nicht nur Preise, sondern auch (prozentuale) Zu-/Abschläge, Steuern, statistische Konditionen oder Zwischensummen vorkommen können. Im nächsten Schritt wird genau eine Zugriffsfolge zur Konditionsart ermittelt, die weiter untersucht wird.

#5 Die Zugriffsfolge ist technische gesprochen eine Liste mit Tabellen, die Zugriffe bzw. Schlüsselfolgen genannt werde. Im oberen Beispiel ist der erste Zugriffe Kunde/Material/Versandbedingung. Dahinter steckt genau eine Tabelle (die man sich mit der Transaktion SE16 anschauen kann) mit den Feldern oder Spalten Kunde, Material und Versandbedingung. Hier ist auch die erste Stelle in der ganzen Systematik, wo konkret ein Preis auftaucht. Pro Eintrag in dem Zugriff kann ein Preis gepflegt werden.

#6 Wenn hier ein Preis oder Zuschlag oder Rabatt gefunden wurde, wird dieser festgehalten und zur Endkalkulkation an den Auftrag übergeben (#7).

#8 Wenn in dem aktuell untersuchten Zugriff kein Preis ermittelt wurde, wird zunächst geschaut, ob ein weiterer Zugriff zu dieser Zugriffsfolge vorhanden ist, die das System durchsuchen könnte.

#9 Wenn ein weiterer Zugriff vorhanden ist, wird dieser nach der gleichen Systematik untersucht.

#10 Wenn kein weiterer Zugriff vorhanden ist oder schon ein Preis gefunden wurde, wird das nächste Preiselement (Konditionsart) aus dem Kalkulationsschema nach vorhandenen Preisen durchsucht.

Nach dieser Systematik durchläuft das System für jede Position das komplette Kalkulationsschema durch und versucht für einen Nettowert zu ermitteln. Die Summe der Nettowerte aller Positionen werden kumuliert zum Auftragswert zusammengefasst.

 

Und, raucht dir der Kopf?

Ich kann mir gut vorstellen, dass dir der Kopf raucht, wenn du bis jetzt noch nie etwas mir der Preisfindung zu tun hattest. Ich kann an dieser Stelle nur empfehlen, am System einfach mal zu probieren, verschiedene Konstellationen durchzuspielen und  zu schauen wie das System reagiert.

Für die Preisfindung muss man sich einfach die Muße nehmen und ein Gefühl entwickeln, damit man sich auf dieser Findungsebene (Konditionstechnik) sicher bewegen kann. Denn leider muss ich sagen, dass alles was ich bis jetzt ausgeführt habe, nur einen ersten Einstieg in die Preisfindung bildet. Aber dies sind die Grundlagen, mit denen man sich die Details im Weiteren erarbeiten kann.

 

*** Es wäre super, wenn du ein kleines Feedback hinterlassen würdest, Isa.

 

11 Gedanken zu „Kurz und bündig: Die Einführung in die SD-Preisfindung.“

  1. Hi Isa, danke für die ausführliche Erklärung – gibt es eigentlich eine Art „Verwendungsnachweis“ für Konditionsarten? Also welche Kalkulationschemata eine bestimmte Konditionsart verwenden, wenn man lediglich die Konditionsart kennt? Oder muss ich alle Kalkulationschemata durchklicken und nachsehen, ob die Konditonsart vielleicht verwendet wird? Danke!

  2. Danke für die relativ einfache Erklärung (im Vergleich zu anderen). Stecke gerade in einer SD Beraterschulung und schwimme teilweise heftig :). Gruß aus München an den Rhein

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