Hand aufs Herz – habt ihr schon mal erlebt, dass ein Projekt schief gelaufen oder zumindest nicht rund läuft, weil die Anforderungen zu komplex waren? Ehrlich gesagt, habe ich dies bis jetzt nicht erlebt. Wenn man sich über ein Projekt beschwert oder sein Hirn zermartert, dann meist wegen der Zusammenarbeit im Projekt. Ein effektives Team ist das A und O eines jeden erfolgreichen SAP-Projektes; und SAP-Projekte sind immer Teamwork.
Mein größter Gewinn, mein größtes Geschenk, das ich aus jedem Projekt mitnehme, ist der Zuwachs an neuen Erfahrungen und Erkenntnissen. Während oder nach jedem Projekt frage ich mich, was ist gut gelaufen und was war nicht so optimal. Und vor allem frage ich mich immer wieder: Warum? Und ich muss ehrlich gestehen, dass die Frage nach dem Warum – in den meisten Fällen – schwer zu beantworten ist. Irgendetwas passte nicht, bestimmte Vorgänge waren nicht ausgegoren oder man fand keinen Zugang zu bestimmten Personen – es könnte soviel sein, aber die Gründe sind meist nebulös. Mit diesen Gedanken bin ich vor einiger Zeit auf eine Studie von Google gestoßen, in der beschrieben wird, was erfolgreiche Teams ausmachen – und sofort fesselte mich das Thema.
Wenn man die Frage „Was zeichnen erfolgreiche Teams aus?“ in eine Runde von zehn Personen wirft, wird man wahrscheinlich zehn unterschiedliche Antworten bekommen: Offene Kommunikation, ausgewogene Diversität, klare Ziele, regelmäßiges Teambuilding, effektive Tools, … diese Aspekte wären wohl gängige Antworten auf die Frage, doch keiner dieser Punkte taucht in der Google Studie auf.
Auch wenn die Antworten nicht überraschend sind, haben sie mich wegen ihrer Klarheit, Einfachheit und Gewichtung angesprochen – hier die Ergebnisse (in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit!):
1. Psychologische Sicherheit – Respekt
„Das habe ich dir doch schon mal gesagt.“, „Nein, das besprechen wir jetzt nicht“, „Kannst du auch einen sinnvollen Beitrag leisten.“, „Das ist jetzt aber nicht das Thema.“, „In der Schule würde ich jetzt sagen, am Thema vorbei.“ „Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass wir es nicht so machen werden.“
Wenn diese oder ähnliche Phrasen in einem Team fallen, dann kann man davon ausgehen, dass das erste und wichtigste Kriterium für ein erfolgreiches Team nicht vorhanden ist – Respekt.
Mitarbeiter wollen ernst genommen. Sie wollen, dass ihnen Wertschätzung entgegengebracht wird. Wenn sie diese Erfahrung nicht machen, werden sie keine Risiken eingehen, keine kritischen Fragen stellen, keine neuen Impulse einbringen. Und genau das wird letztlich Gift für die erfolgreiche und kreative Teamarbeit sein. Teammitgliedern sollte immer die Möglichkeit gegeben werden über den Tellerrand zu blicken ohne in eine Ecke gedrängt zu werden oder ihre Kompetenz in Frage zu stellen. Überraschend ist hier, dass Googles Studie diesen Aspekt – psychologische Sicherheit – als das wichtigste Kriterium für die erfolgreiche Zusammenarbeit in Teams nennt.
2. Zuverlässigkeit – Ich kann mich auf dich verlassen.
Wenn du sagst, das machst du, dann mache es auch – und verliere dabei Zeit und Qualität nicht aus den Augen.
Das zweite Kriterium, das laut Google für erfolgreiches Teamwork bedeutend ist, ist Zuverlässigkeit. Jedes Teammitglied sollte sich auf seinen Kollegen verlassen und sein Arbeitspaket pünktlich und in hoher Qualität abliefern können. Die Planung und Meilensteine sollten transparent sein und eventuelle Verschiebungen sollten frühzeitig kommuniziert werden. Wichtig bei diesem Kriterium ist, dass es nicht auf den Auftraggeber abzielt – natürlich ist die Zuverlässigkeit gegenüber deinem Auftraggeber auch wichtig – vielmehr ist hier gemeint, dass die Teammitglieder aufeinander zählen und vertrauen können.
3. Struktur und Übersichtlichkeit – Wer bin ich, was mache ich hier.
Wenn du mir nicht in einem Satz sagen kannst, was deine Aufgaben im Team sind, machst du etwas falsch.
Vor Kurzem hat mir ein Kollege von einem SAP-Projekt berichtet, in dem sich 2 Jahre Zeit genommen wurde, um die RACI-Matrix aufzustellen. „Wow“, dachte ich mir, so kann es also auch laufen. Im Gegensatz zum Ansatz sich keinerlei Gedanken über die RACI-Matrix zu machen, sind die 2 Jahre das andere Extrem. Doch laut der Google Studie ist es essentiell, dass in Teams die Verantwortlichkeiten und die Planung für alle Mitglieder transparent sind. Jeder Mitarbeiter sollte genau wissen, was seine Aufgaben sind, wie sie ins Gesamtkonstrukt passen und wie die Abhängigkeiten zu anderen stehen. Wenn ich mich immer wieder fragen muss, was meine Aufgabe ist, kann dies nicht zielführend sein. Nichts ist schlimmer, als ein Kind, das in den Brunnen gefallen ist, weil niemand wusste, wer es halten sollte.
4. Sinn der Aufgabe – Spornt es dich wirklich an.
Voller Elan wachte ich jeden Morgen auf, um an der Entwicklung des nächsten V12-Motors mitzuarbeiten?
Ich kann mir lebhaft vorstellen, welche Stimmung im Entwickler-Team um die Corona-App (SAP/Telekom) geherrscht haben muss. Eine App zu entwickeln, die unter Umständen ein sehr wichtiger Baustein zur Eindämmung der aktuellen Pandemie sein könnte, muss ein enormer Motivations-Boost gewesen sein. Genau dieses Kriterium nennt die Google-Studie als weiteren Aspekt für ein erfolgreiches Team – die Team-Mitglieder müssen an den Sinn der gestellten Aufgabe glauben. Natürlich haben sie größtenteils nicht so hehre Aufgabenstellungen, wie die Corona-App; hier ist es umso wichtiger vom Sinn der gestellten Aufgaben und von der Vision des Ziels zu überzeugen.
5. Effekt deines Beitrags – welchen wichtigen Baustein trägst du zum Ganzen bei.
Bis zum Ende fühlte sich Sam – Frodos treuer Gefährte – überflüssig, fehl am Platz als das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen bis sich dies am Ende wendete.
Ich habe schon einmal ein Projekt bewusst und aus eigenem Antrieb verlassen, da mir meine Rolle unnötig erschien – Tag für Tag, Woche für Woche habe ich mit dem Projekt gehadert, bis mir bewusst wurde, dass meine Rolle mich nicht erfüllte. Ein QS zu verantworten kann eine wirklich sinnvolle Aufgabe sein. Doch wenn man an einer Pseudo-QS ohne echte Entscheidungsgewalt arbeitet, hauptsächlich Anforderungen von einem Team zum anderen trägt, und dabei immer wieder beobachtet wie effektive, direkte Kommunikation unterbunden wird, dann fühlt man sich tatsächlich als fünftes Rad, das zu dem auch noch bremst.
Die Google Studie erwähnt als letztes Kriterium genau diesen Punkt: In einem erfolgreichen Team wissen alle Mitglieder, was ihr (wichtiger) Beitrag zum Ganzen ist. Man ist vielleicht nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Doch ohne dieses kleine Rädchen, würde das Ganze nicht funktionieren. Wenn die Teammitglieder dieses Bewusstsein entwickeln, dann ist auch dieses Kriterium erfüllt.
cu, Isa.